Moore beherbergen seltene Tiere und Pflanzen – und enorme Mengen Kohlenstoff. Doch weil sie aus wirtschaftlichen Gründen oft entwässert werden, sind sie und ihre Bewohner massiv gefährdet. Und damit auch unser Klima. Im Idealfall – und nun auch auf EU-Beschluss – werden Moore wiederhergestellt.
Aber auch trockengelegte Moore, die wiederverwässert und nachhaltig landwirtschaftlich genutzt werden, leisten einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz. Eine Exkursion nach Bayern Anfang Juli, organisiert als Kooperation zwischen Land Tirol, Uni Innsbruck und Klimabündnis Tirol, gefördert im Rahmen eines ARGE ALP Projektes ging potentiellen Nutzungsmöglichkeiten auf den Grund.
Moore sind Feuchtgebiete, in denen das abgestorbene Pflanzenmaterial durch den Wasserüberschuss nicht vollständig abgebaut, sondern zu Torf wird. Im Torf lagern enorme Mengen Kohlenstoff: Moore bedecken nur 3% der Landfläche weltweit. Sie speichern aber etwa doppelt so viel Kohlenstoff wie die gesamte Biomasse aller Wälder der Welt.
Moore sind komplexe Lebensräume und Heimat vieler Pflanzen und Tiere. Sie schützen vor Hochwasser, sichern unser Trinkwasser und erzählen Geschichten über das Leben in grauer Vorzeit. Bei uns in den Alpen reicht diese knapp 12.000 Jahre zurück, also bis zum Ende der letzten Eiszeit. Leider sind viele von ihnen bereits verschwunden oder stark gestört und haben sich so von Kohlenstoffsenken zu Treibhausgasquellen verwandelt.
Um die Ziele des Pariser Klimaabkommens zu erreichen, müssen EU-weit 500.000 Hektar Moore wiedervernässt werden. Das soeben beschlossene Renaturierungsgesetz der EU steht nun in den Nationalstaaten zur Umsetzung – und heftig unter Kritik. Besonders die Landwirtschaftsverbände befürchten herbe Einbußen und einen massiven Rückschritt. Der Anbau nachwachsender Rohstoffe, an denen bereits intensiv geforscht wird, kann hier Abhilfe schaffen – Offenheit für neuartige Produktionsverfahren vorausgesetzt.
In Österreich sind fast 90 Prozent der Moorflächen, die noch im 19. Jahrhundert vorhanden waren, trockengelegt worden. Um sich eine bessere Vorstellung von der Dimension dieser Eingriffe machen zu können: Nach dem zweiten Weltkrieg sprach man euphorisch davon, durch Trockenlegungen ein zehntes Bundesland aus dem Boden stampfen zu können. Die derzeit noch vorhandenen Moorflächen sind in den meisten Bundesländern geschützt, ihre Zerstörung ist strengstens verboten. Die Moorstrategie Österreich 2030+ ist ein gemeinsames Werk der Bundesländer und des Bundes. Durch sie soll ein Beitrag zur Erhaltung und Wiederherstellung der Moore geleistet, die Umsetzung in den Bundesländern gestärkt sowie die Zusammenarbeit und der Dialog zwischen den verschiedenen Interessensgruppen intensiviert werden. Außerdem soll die Strategie das Bewusstsein für die Rolle von Mooren und Torfböden im Wasser-, Klima- und Naturschutz verschärfen.
Basis für einen effizienten Schutz ist, zu wissen, an welchen Stellen sich überhaupt Moore befinden. Aktuell wird dafür der Österreichische Moorschutzkatalog, ein Inventar von 1992 überarbeitet.
Etwa 220.000 Hektar Moorböden gibt es in Bayern. Diese Flächen sind zum Großteil für forst- oder landwirtschaftliche Nutzung entwässert worden. Sie stoßen rund 6,7 Millionen Tonnen CO₂-Äquivalente pro Jahr aus, was etwa 8 Prozent der bayerischen Gesamtemissionen ausmacht. Das entspricht in etwa der CO₂-Emission der gesamten deutschen Industrie. Nicht nur für die Biodiversität, sondern insbesondere für den Klimaschutz ist es deshalb wichtig, sie wieder zu vernässen. Erst 2004 endete die Ära des industriellen Torfabbaus in Bayern. Nach mehr als 150 Jahren intensiver Trockenlegung und Nutzung werden seit den 1980er-Jahren einige der Moore wiedervernässt und ihre ursprünglichen Funktionen reaktiviert.
Mit dem Gesetz zugunsten der Artenvielfalt und Naturschönheit in Bayern – kurz „Versöhnungsgesetz“ – vom 27. Juli 2019 wurden die rechtlichen Möglichkeiten, Dauergrünland auf Moorböden zu erhalten und den Wasserhaushalt in Mooren zu stabilisieren, deutlich erweitert. Das 2022 neu gegründete Peatland Science Centre (PSC) der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf (HSWT) soll die wissenschaftliche Basis für die Moorentwicklung in Süddeutschland und international wesentlich verbessern.
Neben der Renaturierung von Mooren steht auch die Frage, wie nasse Moorstandorte landwirtschaftlich genutzt werden können, im Fokus der Forschung. Eine Exkursion des Klimabündnis Tirol zusammen mit der Universität Innsbruck, dem Land Tirol und der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf ging diesem Thema an den Versuchsstationen Karolinenfeld und Freisinger Moos auf den Grund.
Auf den 166 Hektar der Versuchsstation Karolinenfeld wurde bis 2019 intensiver Ackerbau betrieben. Danach wandelte das motivierte Forscher:innen -Team die Flächen in Grünland um und vernässte sie wieder. Anschließend wurde untersucht, inwieweit sich mit Saatgutmischungen, die an die Nässe angepasst sind, dauerhaft Futterpflanzen etablieren lassen.
Hier zeigte sich, dass Rohrschwingel und Rohrglanzglas gut mit den Verhältnissen zurechtkamen. Durch ihren niedrigen Proteingehalt sind diese Gräser als Futter gut für Kühe, die noch für die Milchproduktion vorbereitet werden, geeignet. Rohrglanzglas bietet sich auch als Pferdefutter an, da es Blähungen verhindert. Auch als Einstreu für Pferde ist es ideal, da es nicht staubt und dadurch verhindert, dass die Tiere Asthma entwickeln. Ebenso zeigten Gräser und Kräuter wie Spitzwegerich, Wiesen-Kümmel, Kuckucks-Lichtnelke, Sumpfschafgarbe etc., die gleichzeitig gesät wurden, gute Ergebnisse.
Auch ein Anbau in noch tiefer wiedervernässten Moorböden, die sogenannte Paludikultur, wurde im Rahmen des MOORuse-Projekts erprobt. Dabei wurden im Freisinger Moos Rohrglanzgras, Großseggen, Schilf und Rohrkolben erfolgreich angepflanzt. Zahlreiche Möglichkeiten, die Pflanzen zu verwerten, befinden sich in der Testphase: Als Karton und als Bauplatte für den Möbelbau oder als Ersatz für Rigipsplatten, als Schale oder als Energieträger in Form von Pellets. Inwieweit die Paludikulturen die hohe Produktivität, die im MOORuse-Projekt ermittelt wurde, auch dauerhaft halten können, erforscht das Weihenstephaner Team nun im NAPALU-Projekt, das bis Ende 2025 läuft.
Landwirt:innen fragen sich natürlich, mit welchen Maschinen diese empfindlichen Flächen befahren werden können, ohne dass die Grasnarbe bricht oder die schweren Geräte einsinken. Ebenso stellt es eine Herausforderung dar, die Ernte an eine trockene Stelle zu bringen.
Auch diesen Fragestellungen wurde intensiv nachgegangen. Ebenso wurden Empfehlungen für passende Geräte gegeben. Ein Kammschwader verhindert beispielsweise, dass über das Material gefahren wird. Die Experimente mit Pflanzenanbau und deren Auswirkungen auf den Treibhausgasausstoß werden laufend durch Spurengasmessungen begleitet. Einig sind sich die Forscher:innen, dass eine Grünlandnutzung von Mooren klimafreundlicher ist als eine Beweidung. Experimente mit Pflanzenanbau und deren Auswirkungen auf den Treibhausgasausstoß werden laufend durch Spurengasmessungen begleitet. Einig sind sich die Forscher:innen, dass eine Grünlandnutzung von Mooren klimafreundlicher ist als eine Beweidung. Experimente mit Wasserbüffeln im Donaumoos zeigten, dass dabei die Grasnarbe aufreißt und Methan in großen Mengen ausgestoßen wird. Einzelne, kleine und relativ leichte Rassen wie Hochlandrinder sind besser geeignet.